Natucate
Freiwilligenarbeit USA Florida Tierschutz – Kim 3
Natucate-Volunteer Kim hat vier Wochen in unserem Tierschutzprojekt in Florida mitgewirkt. Im folgenden Bericht schildert sie ihre letzten beiden Wochen im Südosten der USA.
Wildlife-Projekt in Florida – Auslandsstipendium 2018
Die Zeit im Projekt: Woche 3 und 4
Nachdem Florida Wildlife-Stipendiatin Kim im ersten Teil ihres Auslandstagebuchs über die Vorbereitungsphase berichtet hat, schildert sie hier nun ihre Erlebnisse als Volunteer vor Ort im Projekt.
Draußen ist es sehr schwül. Ich schaue durchs Fenster und meine Augen erblicken das kräftige Grün der dicht wachsenden Pflanzen vor meinem Zimmer. Jetzt ist die dritte Woche auch schon vorbei. Die Zeit fliegt und ich bin traurig, dass ich nicht länger hierbleiben kann. In den letzten Wochen habe ich mich hier gut eingelebt und eingearbeitet. Mein Tagesablauf und die Aufgaben sind mittlerweile routiniert und ich lerne immer noch mehr dazu. Ich konnte interessante Informationen über die Tiere und das Projekt vor Ort sammeln.
Zum Beispiel habe ich erfahren, dass Tiger in freier Wildbahn nur bis zu 10 Jahre überleben können und unter der Obhut von Menschen ca. 20 und selten auch 25 Jahre alt werden können. Das ist sehr erstaunlich, da es mehr als das Doppelte der normalen Lebenszeit ist. Hier gibt es z.B. die beiden Tiger Roy und Zoey, die beide schon gute 17 Jahre alt sind und trotzdem einen wunderbaren Eindruck machen. Roy und Zoey brauchen vielleicht etwas länger beim Verzehren des Fleisches, aber ansonsten sind sie top fit. Des Weiteren hat Miranda mir erzählt, dass sich durch falsche Haltung einer Schildkröte der Panzer verformen kann. So erging es nämlich der weiblichen Schildkröte, die nun auf dem Gelände hier ein sicheres Zuhause gefunden hat. Anstelle von einem glatten Panzer hat sie mehrere pyramidenartige Hubbel auf dem Panzer. Im Nachhinein kann man meistens nicht mehr viel dagegen tun.
Fütterung der Raubtiere
Am Ende der dritten Woche ergab sich dann auch endlich die Gelegenheit dazu, dass ich Miranda dabei zusehen durfte, wie sie die Karnivore füttert und welche Sicherheitsregeln es dabei zu beachten gilt, damit ich es die nächste Woche auch selber in die Hand nehmen kann. Zu beobachten, wie die kräftigen Tiger und Bären auf Menschen reagieren und sich verhalten, weil Sie wissen, dass Essenszeit ist, ist einfach nur faszinierend. So mächtige und prachtvolle Geschöpfe aus der Distanz zu erleben ist schon etwas ganz Besonderes. Es sind sehr große und beeindruckende Wesen. Ich wünschte, ihr Bestand in freier Wildbahn würde wachsen und nicht die Zahlen weiter sinken.
Miranda arbeitet schon lange mit den Tieren. Sie erklärte mir die Regeln, die ich zu beachten habe, wenn ich die Raubtiere füttere. Diese sind wichtig, damit weder Mensch noch Tier etwas passiert. Zu den Regeln gehört:
- immer eine Armlänge Abstand zum Käfig halten
- keine zu hektischen Bewegungen machen, das könnte die Tiere verunsichern oder falsche Signale senden
- die Zange, mit der man das Fleisch hineinlegt, so weit hinten am Griff wie möglich umfassen, damit die Hand weit weg vom Gitter ist
- nach der Fütterung nur langsam aufstehen und bevor man den Tieren den Rücken zukehrt, zunächst 2-3 Schritte zurück gehen
Die Raubtiere haben ein separates Gehe für die Fütterung. Durch die räumliche Trennung ist es auch möglich, den anderen Bereich der Gehege zu säubern und von Essenrückständen zu befreien.
Ich freue mich schon sehr darauf, nächste Woche eigenständig die Raubtiere füttern zu dürfen. Auch wenn ich mit allen Tieren, besonders den Affen und Fledermäusen, sehr gerne arbeite, ist die Fütterung der Tiger und Bären eine sehr einzigartige Erfahrung für mich. Ich hoffe, bis dahin kühlt sich das Wetter ein bisschen ab. Es hat nun seit zwei Tagen nicht mehr geregnet und das ist nicht die Norm in Florida.
Freizeitaktivitäten
Ich konnte vor Beginn meiner letzten Woche noch Esther und Shannon kennenlernen. Shannon ist leider nur alle zwei bis drei Wochen vor Ort, um mitzuwirken. Trotz der sehr kurzen Begegnung mit ihr, hat Sie mir viele Eindrücke von sich mitgegeben. Ihre Erzählungen verrieten schnell, dass Tiere einen großen Platz in ihrem Herzen haben. Esther kommt jedes halbe Jahr nach Florida. Sie verbringt hier 5 Wochen Urlaub und da sie die Leute vom Tierschutzzentrum sehr nett und die Arbeit sehr gut findet, arbeitet Sie in der Woche 3-4 Tage lang mit uns. Sie spricht sehr gut Englisch, weshalb ich davon ausging, dass sie auch aus den USA kommt. Nach der ersten Unterhaltung stellte sich jedoch heraus, dass sie Niederländerin ist. Jetzt habe ich für den Rest meiner Zeit jemanden hier, mit dem ich mich über die Hitzewelle in Deutschland wie auch in den Niederlanden unterhalten kann.
Am Mittwochabend wurden Sean und ich zu einem Abschiedsessen eingeladen. Wir durften uns aussuchen, wo wir am liebsten essen gehen wollten und waren uns glücklicherweise einig, dass wir zu einem Sushi Restaurant fahren wollten. Das Restaurant war mit dem Auto ungefähr 30 min. weit entfernt und der Weg führte uns gefühlte 25 min. am Wald vorbei. Kurt hatte auch am Anfang meines Aufenthalts gesagt, dass Silver Springs an drei verschiedene Nationalparkwälder grenzt. Es ist so schön mitten in der Natur zu sein und die Stadt hinter sich zu lassen.
Kurz bevor wir das Restaurant erreichten, tauchten seit langem einmal wieder Gebäude und mehrere Menschengesichter in meinem Blickfeld auf. Auch wenn ich noch nicht so lange hier bin, war es trotzdem etwas seltsam. Mit uns zum Abschiedsessen waren Esther, Miranda mit Freund Corey, Kurt und Lisa gekommen. Wir saßen, aßen, lachten und genossen den gemütlichen gemeinsamen Abend abseits der alltäglichen Arbeit.
Ich blicke meiner vierten Volunteerwoche sehr aufgeregt entgegen und möchte gar nicht daran denken, dass es auch schon meine letzte ist.
Meine vierte und damit letzte Arbeitswoche
Die letzte Woche meines Aufenthalts startete genauso heiß wie die Woche davor endete. Für die Tiere war es manchmal etwas zu viel, wie ich dann am Montag, als ich zum ersten Mal eigenständig die Tiger füttern durfte, mitbekam.
Ich fütterte Juenita, einen weiblichen Tiger. Ich bekam jedoch mit, dass Natasha an dem Tag nicht alles von Ihrem Futter verzehren wollte. Die Hitze machte der Tigerdame zu schaffen und sie hatte kaum Appetit.
Bevor ich jedoch Juenita ihr Fleisch vorlegen konnte, fragte mich Miranda, ob ich mir die Regeln merken konnte. Ich sollte sie ihr aufsagen. Mir fiel es leicht die Regeln im Kopf zu behalten, also zählte ich sie auf und durfte Juenita füttern gehen. Es ist amüsierend zu sehen, wie die Tiger von einer Ecke in die andere hüpfen, weil Sie so freudig mit Ihrem Hunger darauf warten, ihren Magen füllen zu können. Und dazu kommen noch die ungeduldigen Laute, die sie von sich geben – eine Art aufgeregtes Fiepen und irgendwie niedlich.
Nachdem wir mit sicherem Abstand und Sorgfältigkeit alle Fleischstücke für die Tiger ins Gehege gelegt hatten, standen wir langsam auf und begutachteten die Tierkörper. Jede Stelle des Körpers wird regelmäßig observiert, um zu sehen ob neue Verletzungen dazu gekommen sind oder ob alte besser verheilen konnten.
Nachdem die Tiger fertig gefressen haben, spülen wir die Steinplatten auf dem das Fleisch lag gründlich mit dem Schlauch ab und entfernen Essensreste wie Knochen.
Danach muss man die Tiger in einer bestimmten Reihenfolge aus dem Essensgehege lassen und dafür sorgen, dass sie sich richtig in ihre Gehege aufteilen. Denn Natasha und Juenita verstehen sich z.B. nicht mit Eva und Roy.
Sollte einer oder mehrere Tiger etwas länger brauchen, gehen wir erst einmal weiter zu den Bären und kommen ein paar Minuten später zurück, um zu sehen, wie weit sie jetzt sind.
Wir haben fünf Bären vor Ort und die warten meistens alle schon im richtigen Gehege. Da sind Sie wohl etwas klüger als die Tiger. Ich durfte mich um Lizzy, Dolly und B-Bear kümmern und anfangen sie zu füttern. Als erstes bekommen sie ihr Stück Hähnchen und erst nachdem sie es aufgegessen haben, geht es weiter mit dem Salatkopf und den Maiskolben. Danach geht es weiter mit dem Gemüse und den Früchten: Dafür verwenden wir einen großen Löffel, mit messen wir abmessen, wieviel jeder bekommt. B-Bear ist mit Cody der größte Bär und bekommt 3 ½ Löffel durch das Gitter geworfen. Dolly bekommt einen Löffel und Lizzy einen halben. Sobald B-Bear seine Menge an Obst verputzt hat, bekommt er noch 3 Löffel Hundefutter. Zum Nachtisch sozusagen.
Während ich die drei Bären gefüttert hatte, hatten sich die anderen aufgeteilt, um die Pumas, Servale, Zoey und Tony (Tiger), Cody, Oatmeal und Timber (den einzigen Wolf) zu füttern. Bei Irma merkte man stark, wie sehr die Hitze sie beeinflusste. Irma ist eine der Pumas und sie aß nur ein Stück Fleisch von den vier Stücken, die sie bekommt. Wir beobachteten sie die nächsten Tage. Jedoch kühlte sich das Wetter nicht einmal ab und Irma konnte nicht mehr als ein Stück Fleisch genießen. Das ging bis Freitag so, da regnete es zum ersten Mal wieder und Irma aß wieder mehr. Das war eine große Erleichterung.
Nachdem die Tiere fertig waren, säuberten wir auch deren Platz gründlich und entnahmen Essensreste. Danach fahren wir jedes Mal einmal rund um das Gehege der Bären, um Hundefutter auf dem Boden zu verteilen, damit sie etwas zum Suchen haben. Die Bären kommen alle gut miteinander klar, deshalb teilen sie sich ihre große Spielwiese. Das Tierschutzzentrum hat es sich auch als Ziel bzw. Wunsch gesetzt, dass die Tiger ebenfalls alle miteinander auskommen und gleichzeitig auf die Spielwiese dürfen. Aber soweit sind die Tiger noch nicht.
Nachdem wir alle Tiere auf dem Gelände gefüttert hatten und der Tag so gut wie vorbei war, mussten wir die ganzen Schüsseln und Eimer reinigen. Das dauert ein wenig, doch oftmals bleibt noch etwas Zeit, um an Projekten zu arbeiten. Diese Woche hatten wir nur noch Unkraut zu rupfen und Mulch und Palmen zu verteilen.
Am nächsten Tag konnte ich auch zum ersten Mal die Gehege und die Pools der Tiger und Bären intensiv reinigen. Eigentlich ist es nichts anderes als wenn man ein Affengehege reinigt. Nur noch etwas anstrengender, da es doppelt so lange dauert und wir viel rechen und schrubben müssen. Es macht also sehr müde, ist aber im Endeffekt eine Aufgabe, die ich wirklich genossen habe, da du die Tiere ganz anders erlebst, als wenn du sie fütterst. Sie laufen, spielen, schwimmen im Pool, beobachten und kratzen sich an einem Baumstamm. In dem Moment, als ich die Tiger in ihrem alltäglichen Leben beobachten konnte, hat das ein unglaubliches Gefühl in mir ausgelöst. Zu sehen wie ein Tiger, trotz seiner Masse und seiner Größe, so schnell, flink und leise wie eine Katze sein kann, das ist einfach nur atemberaubend und faszinierend. Wir wissen alle, dass Tiger zu den Großkatzen zählen, doch da merkt man es an der Bewegungsweise nochmal deutlich. Unglaublich schön, so etwas zu beobachten.
Ich durfte mir fast jeden Tag aussuchen, welchen Tiger oder welchen Bären ich füttern wollte. Das war ganz schön, da ich es auch interessant fand zu sehen, wie die anderen z.B. Ihr Fleisch fressen oder ihr Gemüse. Jedes Tier hat da seine eigene Vorgehensweise. Mein Lieblingstier war Natasha. Sie war sehr temperamentvoll und wild, dennoch als Beobachterin sehr ruhig
.Eva und Roy sind übrigens Liebhaber. Die beiden zusammen zu beobachten, brachte mein Herz zum Schmelzen. Ich hatte auch noch Glück und konnte Sie beim Schmusen im Pool beobachten! Ganz schön romantisch!
Eine Sache, die ich erfahren habe, finde ich auch noch sehr wissenswert. Miranda erzählte mir, dass Roy und Tony, bevor Sie 2009 im Tierschutzzentrum aufgenommen wurden, im Besitz von einem „Druglord“ in Texas waren. Der Dealer starb wohl an einer Überdosis. Man schätzt, dass die beiden neun Tage lang ohne Futter in einem nicht großen Gehege, gefangen waren und das Gehege sehr stark verschmutzt war als man sie fand. Schrecklich und unglaublich zu hören, dass man sie als Haustiere in einem so beengten Platz festhielt. Tony ist aus meiner Sicht auch sehr misstrauisch und aggressiv Menschen gegenüber. Man kann von Glück sagen, dass Sie jetzt schon seit fast 10 Jahren im Tierschutzzentrum ein artgerechtes Zuhause haben, indem man sich hingebungsvoll um sie kümmert!
Ab Freitag durfte ich mir aussuchen, welche Aufgaben ich übernehmen wollte, da es meine letzten Tage sein würden. Ich entschied mich dann dazu, Chief (das Pferd), die Affen und die Fledermäuse zu füttern. Am Samstag unterstützte ich dann noch einmal die intensive Reinigung der Gehege und beobachtete anschließend die Tiger. Am Abend fütterte ich noch einmal die Fledermäuse, diese Flugtiere habe ich in der Zeit sehr ins Herz geschlossen. Auch wenn die Tage sehr anstrengend sein konnten und ich mir bestimmt öfter gewünscht hatte, die Zeit in der Sonne etwas ruhiger zu genießen, war ich am Ende des Tages immer sehr glücklich und zufrieden! In der letzten Woche fügte sich Traurigkeit auch noch hinzu, da ich bald gehen würde, aber das ließ mich die Zeit noch mehr genießen!
Heute fütterte ich zum allerletzten Mal die Tiger und die Affen. Ich blieb bei beiden noch etwas länger stehen, auch als sie schon zu Ende gegessen hatten. Ich wollte sie mir noch einmal verinnerlichen und ihnen gedanklich auf Wiedersehen zu sagen. Danach gingen Annie, Miranda und ich zu den Autos. Ich verabschiedete mich mit einem großen Dankeschön bei Miranda und sagte ihr, dass ich die Zeit genossen habe und dankbar bin, dass sie meine Wochen mitgestaltet hat und mir immer geholfen hat.
Morgen früh werde ich mich von meiner Mitbewohnerin Annie verabschieden und mich mit Lisa auf den Weg nach Orlando machen, wo ich mich auch von ihr verabschieden muss. Wenigstens bleiben uns noch 1,5 Stunden fahrt, um uns nett unterhalten zu können.
Ich bin mir sehr sicher, diesen Ort, diese körperliche Arbeit, die Natur, die Tiere, die Menschen und das Wissen, etwas Gutes getan zu haben, sehr vermissen zu werden! Ich könnte mir richtig gut vorstellen, so einer Arbeit auch in Zukunft nachzugehen.
Ich kann Natucate und Herrn Wolfgang Bösche gar nicht genug danken, mir diese Erfahrung möglich gemacht zu haben! Ich danke euch vielmals! Bis auf ein nächstes Mal!
Eure Kim